Flash Fiction: Kleine Stories, große Wirkung

Die Blutgruppe des Babys? Menschlich, größtenteils.“ (O. S. Card)
„Als das Telefon nicht klingelte, wusste ich, dass du es warst.“ (Dorothy Parker)

Faszinierend, oder? Wenige Wörter erzählen uns da eine ganze Geschichte, die unsere Fantasie ankurbelt und noch lange nachwirkt. Kopfkino pur. Flash Fiction oder Sudden Fiction nennt man solche Kürzestgeschichten mit einer Länge von maximal 1000 Wörtern.

Jedes Wort zählt!

Flash Fiction zwingt uns dazu, dass wir uns aufs Wesentliche konzentrieren. Jedes Wort zählt. Was nicht relevant ist, wird radikal gestrichen. Das fällt uns Schreibenden oft ganz schön schwer. Es lohnt sich aber, diese Fähigkeit zu trainieren, denn sie nützt uns für alle Textsorten. Auch längere Prosatexte werden meist klarer und schlüssiger, wenn wir sie sinnvoll kürzen.

Vielleicht hast du noch nie von Flash Fiction gehört und fragst dich jetzt, ob das ein neuer Trend ist? Natürlich haben Autor:innen schon immer kurze fiktionale Prosa und Miniaturen geschrieben. Fabeln und Anekdoten gibt es seit Menschengedenken. In jüngerer Zeit experimentierten unter anderem Ernest Hemingway, Walt Whitman und Franz Kafka mit diesem knappen Format. Als eigene Gattung ist Flash Fiction aber tatsächlich noch relativ jung. Die ersten Anthologien, die diese Bezeichnung im Titel trugen, erschienen in den frühen 1990er Jahren.

Flash Fiction hat viele Namen

Vielleicht kanntest du das Genre auch schon unter einem seiner vielen weiteren Namen? Besonders gelungen finde ich smokelong fiction (die Lektüre dauert nur eine Zigarettenlänge) und postcard stories (die Geschichten passen auf eine Postkarte). Je nach maximaler Länge spricht man auch von Twitterature (140/280 Zeichen), Dribbles (50 Wörter), Drabbles (exakt 100 Wörter), Nano Fiction (100 Wörter) und Microfiction (300 Wörter).

Besonders im englischsprachigen Raum sind diese Kürzestgeschichten populär und es gibt mittlerweile zahlreiche Wettbewerbe und Publikationen. Doch auch hierzulande wird Flash Fiction immer beliebter. Logisch: Das Genre passt perfekt ins Online-Zeitalter. Unsere Zeit ist knapp und unsere Aufmerksamkeit begrenzt. Aber so ein kleines Geschichten-Häppchen können wir leicht zwischendurch genießen.

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Merkmale der Textsorte

Das offensichtlichste Merkmal des Genres ist natürlich seine Kürze: Eine ganze Geschichte wird dabei in wenigen Absätzen erzählt. Die Meinungen darüber, wie lang eine Story sein darf, um noch als Flash zu gelten, gehen auseinander. Ab mehr als 2000 Wörtern spricht man aber in jedem Fall schon von einer Kurzgeschichte.

Trotzdem hat auch eine Flash Fiction Story einen Anfang, einen Mittelteil und einen Schluss. Fast immer gibt es mindestens eine Hauptfigur, einen Konflikt, ein Hindernis und eine Lösung. Es handelt sich also nicht um ein Gedicht oder ein Fragment.

Wenn wir Flash Fiction schreiben, können wir vieles nur andeuten. Wir müssen uns genau überlegen, was wir preisgeben müssen und an welchen Stellen wir hemmungslos kürzen dürfen. Vieles bleibt dabei der Fantasie der Lesenden überlassen. Oft enden diese Geschichten mit einer überraschenden Wendung. Manchmal wirkt das Ende offen und abrupt und regt zum Nach- und Weiterdenken an.

Schreibtipps für Kürzestgeschichten

Du hast jetzt Lust bekommen, eine Flash Story zu schreiben? Dann habe ich ein paar erste Tipps für dich:

  1. Beschränke dich auf einen Moment, einen Schauplatz, eine Szene, eine Figur.
  2. Plotte nicht allzu viel, sondern schreibe deine Idee lieber spontan in einem Rutsch auf. Dann kannst du versuchen, schrittweise den Kern der Geschichte herauszuschälen. Spare dir dabei die Vorgeschichte und steige mitten in die Handlung ein.
  3. Traue es deiner Leserschaft zu, die Lücken mit ihrer Fantasie selbst zu schließen.
  4. Vielleicht findest du einen Knalleffekt für den Schluss und einen passenden Titel, der neugierig macht.

Du könntest auch versuchen, den letzten Film, den du gesehen hast, in sechs Wörtern zusammenzufassen. Klingt schwierig? Absolut! Dieses Genre sollte man nicht unterschätzen: „Kurz“ heißt nicht automatisch „schnell und einfach geschrieben“. An einer Flash Story kann man lange herumtüfteln, bis wirklich jedes Wort am richtigen Platz ist.

Natürlich hilft es, gute Kürzestgeschichten zu lesen und sich zu fragen, wie sie aufgebaut sind und warum sie funktionieren. Oder schreib doch gleich mit in meinen Online-Schreibworkshops Flash Fiction oder Microfiction!

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