Jeden November findet der National Novel Writing Month (NaNoWriMo, kurz: NaNo) statt. Dabei setzen sich Menschen weltweit das Ziel, innerhalb eines Monats die Rohfassung eines Romans zu schreiben. Wer die vorgegebenen 50 000 Wörter schafft, hat gewonnen. Eine dieser Gewinnerinnen ist Jade: Sie nimmt seit 2013 regelmäßig am NaNoWriMo teil und hat schon mehrfach gewonnen. Im Interview verrät sie mir, wie sie das geschafft hat.
Jade, erzähl uns etwas über dich und dein Schreiben.
Das Schreiben ist seit der Teenagerzeit ein Hobby von mir. Ich habe mir schon immer gern Geschichten ausgedacht und mir irgendwann überlegt, die könnte ich ja auch mal aufschreiben.
Du machst seit Jahren beim NaNoWriMo mit und hast schon mehrfach gewonnen. Was hat es damit genau auf sich?
Der eigentliche National Novel Writing Month ist im November, da ist als Ziel vorgegeben, dass man innerhalb des Monats 50 000 Wörter schreiben sollte.
Dann gibt es noch zwei „Camps“ im Juli und im April, das sind Zusatzevents, die etwas entspannter sind. Der Unterschied ist, dass man sich dabei selbst ein Ziel festlegt. Im Moment hat sich eingependelt, dass ich in den beiden Camps je 25 000 Wörter schreibe, und im NaNo dann die 50 000. Damit bin ich bei ca. hunderttausend Wörtern, das finde ich übers Jahr eine schöne Summe.
Wie bist du auf die Idee gekommen, beim NaNoWriMo mitzumachen?
Das war 2013. Ich hatte davon gehört und dachte, das könnte ich mal probieren. Es klang nach einer Herausforderung, ich wusste nicht, ob ich es schaffe, aber es hat mich gelockt. Also habe ich es gewagt, und bin auch knapp über 50 000 Wörter gekommen.
Damals hatte ich damit gerechnet, dass es das einzige Mal sein würde, dass ich mitmache. Aber 2016 habe ich mich noch mal an den NaNoWriMo gewagt, und das müsste auch direkt ein „doppelter“ gewesen sein. Ich habe das teilweise wohl auch übertrieben mit der Wortzahl, aber die Ideen waren einfach da.
Dann habe ich mitbekommen, dass sich einige Leute Tagesziele setzen, und dachte: „Okay, das ist eine neue Herausforderung.“ Da muss man dann selbst bei einem vollgestopften Tagesprogramm schreiben. Teilweise hatte ich nur morgens eine Stunde Zeit und habe dann immer 1700 Wörter geschrieben.
Solche Schreibchallenges spornen dich also an?
Ja. Ich überlege natürlich schon, was realistisch ist. Es gibt ja Leute, die wollen den „dreifachen NaNo“ schaffen, also 150 000 Wörter. Das wäre mir zu extrem. Ich muss das Gefühl haben, das es machbar ist und nicht in totalen Stress ausartet.
Wie gehst du an so ein großes Schreibprojekt heran? Nimmst du dir vorher Zeit, um zu plotten, oder schreibst du einfach drauflos?
Ich bin ja grundsätzlich gerne ein „NaNo-Rebell“, wie man so schön sagt. Das heißt, ich habe oft nicht ein einziges Manuskript, das ich dann von Anfang bis Ende durchschreibe, sondern mache auch mal mit Kurzgeschichten mit. Es liegt mir nicht so, mich vorher festzulegen. Manchmal überlege ich mir etwas für den November, aber wenn dann der erste Tag kommt und ich merke, dass ich darauf keine Lust habe, schreibe ich etwas anderes.
In welchen Genres schreibst du?
Meistens entsteht etwas in Richtung Urban Fantasy oder Urban Romantasy. Ich schreibe auch Rollenspiele. Und ich habe ein Projekt, das ich gerne mal fertigstellen würde, das ich als Romance bezeichnen würde.
Was wird im Nachhinein aus deinen „NaNoWriMo-Entwürfen“?
Tatsächlich schreibe ich die meisten Texte nur für mich. Ich mag es, sie dann später wieder zu lesen. Auch wenn ich sie heute teilweise anders schreiben würde, bin ich beim Lesen in dieser Stimmung wieder drin, in der ich damals war.
Das heißt, du überarbeitest deine Texte hinterher gar nicht mehr?
Wenn ich sie irgendwo hochladen möchte, schon. Aber wenn ich sie nur für mich um des Schreibens willen geschrieben habe oder maximal ein, zwei Freundinnen zeige, muss ich mich da nicht noch ewig dransetzen.
Lust auf noch mehr Inspiration für dein Schreiben? Dann lade dir jetzt für 0 Euro meine Schreibfreuden-Rezepte herunter:
Ein Mini E-Book mit Tipps, die dich entspannt in den Flow bringen!
Wie intensiv nutzt du die offizielle NaNoWriMo-Plattform? Lädst du dort nur deine Tagesziele hoch, oder vernetzt du dich mit anderen?
Ich nutze die Plattform regelmäßig und bin auch im Forum aktiv. Da gibt es immer wieder Schreibchallenges und Aktionen, die motivieren sollen. Dabei mache ich mit. Und dann bin ich noch in der „Schreibnacht“ mit dabei. Das ist auch so ein gängiges Forum in der Schreibszene, da gibt es während der NaNos und Camps immer eine Event-Ecke, in der ich mich dann rumtreibe.
Wie bringst du das alles in deinem Alltag unter?
Meistens versuche ich, morgens zu schreiben. Ich stehe sowieso gern früh auf, und wenn man dann etwas schreibt, ist das ein produktiver, angenehmer Start in den Tag. Das klappt relativ gut.
Ich schreibe auch, wenn untertags mal Leerlauf ist. Während der NaNos bin ich dann natürlich entsprechend diszipliniert und nutze die Zeit, die sich ergibt. Ich bin da von mir aus einfach sehr motiviert, weil Schreiben eines meiner Haupthobbys ist. Also muss ich nicht so viel „Disziplin-Arbeit“ leisten.
Welche Tipps hast du für Leute, die zum ersten Mal beim NaNoWriMo mitmachen möchten?
Auf jeden Fall empfehle ich, etwas zu schreiben, worauf man wirklich Lust hat, und nicht unbedingt zu denken: „Ich muss jetzt mein Manuskript beenden, weil im Dezember eine Deadline ist.“ Man sollte sich lieber etwas suchen, bei dem man sich auf den nächsten Tag freut, wenn man sich wieder an den Computer setzt. Und natürlich, den inneren Kritiker auszuschalten. Überarbeiten kann man immer noch, aber dafür muss erst mal etwas auf dem Papier stehen.
Denjenigen, die gern mit anderen zusammenarbeiten, würde ich auch den Community-Aspekt empfehlen! Im NaNo-Forum ist eine gute, motivierende Stimmung, das pusht einen auf jeden Fall. Zumindest sollte man auf der Plattform mal reinschnuppern.
Ist das nicht auch ein Zeitfresser?
Es ist sicher gut, wenn man ins Forum erst reinschaut, wenn man das Schreibpensum schon geschafft hat. Oder wenn man das zu einer Zeit macht, in der man sowieso nicht so effektiv schreiben kann. Das ist ja oft tageszeitabhängig. Übers Schreiben zu quatschen geht ja in müdem Zustand immer noch leichter als das Schreiben selbst.
Du hast noch andere schöne Projekte, zum Beispiel einen Blog und eine eigene Schreibchallenge …
Ja, den Blog Meeresträumerinnen betreibe ich gemeinsam mit einer Freundin. Wir schreiben auch andere Projekte zusammen, in Rollenspielform, und da hat das einfach gepasst. In unserem Blog findet man Schreibthemen, queere Themen, oder wir bloggen über gelesene Bücher.
Am Jahresanfang habe ich die Challenge #52in23 gestartet, da war die Idee, jede Woche einen Text zu schreiben. Ich verfolge auf jeden Fall noch mit, was die anderen so machen, die diesen Hashtag auf Social Media nutzen. Es gibt dazu auch eine Discord-Gruppe und aus dem NaNo-Forum machen auch einige mit.
Was ist dein liebster Schreibtipp – ganz unabhängig vom NaNoWriMo?
Schreibe das, worauf du Lust hast, wann du Lust hast. Mit dem Fokus, dass es in erster Linie dir gefallen muss. Alles andere kommt später. Sich nicht reinreden lassen, sich das Schreiben nicht ausreden lassen, sich nicht belächeln lassen. „Schön“ oder „nicht schön“, das ist ja total individuell! Wenn man Bock auf Romance hat, sollte man auch Romance schreiben und keinen Krimi, nur weil das vielleicht gerade angesagt ist. Das merkt man dem Text ja auch später an.
In ihrem Blog „Meeresträumerinnen“ berichtet Jade aus ihrem Autorinnenleben und teilt ihre Gedanken übers Schreiben. Vernetze dich mit ihr auch auf den Social Media-Kanälen Instagram, Bluesky oder Mastodon.