Spaß am Schreiben haben. Im Schreibfluss sein. Das Schreiben lieben. Danach sehnen sich wohl die meisten Schreibenden. Doch stattdessen empfinden sie den Schreibprozess oft als mühsam: Sie starren auf das leere Blatt und wissen nicht, wie sie beginnen sollen. Die amerikanische Kreativmethode Gateless Writing hilft dabei, Selbstzweifel abzulegen und in den Schreibflow zu kommen.
Kritik führt zu „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“
Schreibcoaches in den USA arbeiten schon lange – und deutlich intensiver als wir hierzulande – mit Methoden, die die Leidenschaft fürs Schreiben (wieder) entfachen. Eine von ihnen ist Suzanne Kingsbury. Sie ist Autorin und Begründerin der Gateless Writing-Methode, die auf Erkenntnissen der modernen Hirnforschung basiert.
Kurz gesagt, geht man heute davon aus, dass jegliche Kritik (oder auch nur die Sorge davor!) eine angeborene „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ in unserem Gehirn auslöst. Das ist etwas Archaisches. Wir können es nicht verhindern – und es kann uns in allen Lebensbereichen passieren.
Diese unwillkürliche Reaktion steht uns bei kreativen Tätigkeiten besonders im Weg. Egal, ob beim Schreiben, Malen oder Musizieren: Wer sich vor Kritik fürchtet, kann nicht grenzenlos kreativ sein.
Wenn wir befürchten, dass unser Text anschließend kritisiert wird, zensieren wir uns während des Schreibens: Wir sind vorsichtig und versuchen, alles möglichst richtig zu machen. (Im schlimmsten Fall schreiben wir vor lauter Grübeln gar nicht.)
Beim Gateless Writing tricksen wir daher unser Gehirn aus und verbannen das Element der „Kritik“ aus dem Schaffensprozess. So können wir unser kreatives Potenzial voll ausschöpfen. Wir werden mutiger und experimentierfreudiger – und diese Kraft und Authentizität zeigt sich in unseren Texten.
Wofür steht der Begriff „Gateless“?
Gateless symbolisiert den Moment des Flow, in dem unser kritischer Geist ausgeschaltet ist und wir im kreativen Schaffen versinken: Wir machen dabei alle Tore weit auf.
Bei der Namensgebung hat sich Suzanne Kingsbury vom Zen-Buddhismus inspirieren lassen. Das Gateless Gate ist eine Sammlung von japanischen Kōan: Scheinbar absurden Fragestellungen, die nicht intellektuell, sondern nur intuitiv zu erfassen sind.

Das Gateless-Logo von Suzanne Kingsbury ist das japanische Kreis-Symbol Ensō (siehe Bild): Ein geläufiges Zeichen in der Kalligraphie. In dem Moment, wo ein Zen-Mönch dieses Zeichen malt, ist sein Bewusstsein frei und er ist eins mit seiner Inspiration. Genauso magisch und schrankenlos sollte sich – idealerweise – auch das Schreiben anfühlen.
Entspannt schreibt es sich besser
Wie bringen wir uns beim Gateless Writing in einen solchen Zustand? Wir setzen Entspannungstechniken, Musik, Bilder oder Sinnesreize ein, und schreiben dann mit der Hand zu einem einfachen Schreibimpuls. Wer das unter Anleitung ausprobiert hat, ist verblüfft über die Texte, die dabei entstehen. Sie fließen wie von selbst aufs Papier, von Blockaden keine Spur.
Es sind Texte, die wir uns grübelnd vor dem Rechner nicht hätten ausdenken können. Ob fiktiv oder autobiographisch – sie sind kraftvoll und originell. Und immer schon erstaunlich „gut geschrieben“!

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SCHREIBFREUDE KLINGT GUTDer Schreibsalon als „Schutzraum“
Zentrales Element der Gateless Writing-Methode ist das Setting des „Schreibsalons“. Dort befinden wir uns in einem geschützten, kritikfreien Raum, in dem wir entspannt schreiben und einander anschließend freiwillig unsere Texte vorlesen. Dabei dürfen wir uns auf klare Spielregeln verlassen: Die anderen spiegeln uns nur das wider, was ihnen gefallen hat. Was sie berührt hat. Was stark war. Nur diese Dinge zählen, wenn wir einen frisch entstandenen Text mit der Gruppe teilen.
Stärkenbasiertes Textfeedback und literarisches Handwerkszeug
Das Feedback zeigt uns auf, wo unsere Stärken liegen. An welchen Stellen haben die anderen mitgefiebert oder gelacht – und warum? Schreiben wir besonders sinnlich, wortgewaltig oder witzig?
Durch solche Rückmeldungen entdecken wir unsere individuelle Schreibstimme und lernen, auf unsere Intuition und unser Sprachgefühl zu vertrauen. Von positiven Beispielen lernen wir schneller und leichter, als wenn wir uns auf (vermeintliche) Fehler fokussieren. Und es macht einfach mehr Spaß!
Beflügelt von Feedback in wertschätzender Runde bleiben wir motiviert, weiter zu schreiben. Indem wir konkret benennen, was an den Texten anderer gut funktioniert, lernen wir automatisch etwas über Schreibstil, Figuren, Spannung, Humor … und vieles mehr. Dieses Wissen können wir nutzen, um unser eigenes Schreiben weiterzuentwickeln.
Erfolgreich veröffentlichen mit der Gateless Writing-Methode
Suzanne Kingsbury schätzt, dass über 90% derjenigen, die mit Gateless Writing schreiben, irgendwann etwas veröffentlichen. Von den Absolvent:innen traditioneller Schreibausbildungen an amerikanischen Universitäten sind es nur etwa ein Drittel.
Und so ist der Einwand, positives Feedback sei doch nur „Lobhudelei“, schnell entkräftet. Im Gegenteil: Beim Gateless Writing handelt es sich um eine gut erprobte und erfolgreiche Kreativmethode zum literarischen Schreiben.
Folglich finden sich in meinen Workshops und Schreibretreats gleichermaßen Schreib-Neulinge und Textprofis ein. Denn egal, wie lange sie sich schon mit dem Schreiben beschäftigen: Grenzenloser Flow, frische Ideen, und ein klarer Blick auf individuelle Stärken … davon können alle profitieren!
(Erstmals veröffentlicht am 16. September 2020. Grundlegend überarbeitet am 13. April 2025.)
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Wie geht wertschätzendes Textfeedback?

Erfahrungsbericht zum Gateless Writing Retreat
