Wusstest du, dass die Schreibcommunity jedes Jahr im Juni den „Flash Fiction Day“ feiert? Flash Fiction, das sind Kürzestgeschichten mit maximal 1500 Wörtern, die einschlagen wie ein Blitz! Ein paar erste Schreibtipps für dieses spannende Genre habe ich dir in diesem früheren Beitrag gegeben. Heute möchte ich dir eine besondere Variante von Flash Fiction genauer vorstellen: Die Six Word Story oder 6-Wort-Geschichte.
Sicher bist du schon über die wohl bekannteste Six Word Story gestolpert, die Hemingway zugeschrieben wird: For sale: Baby shoes, never worn. Diese Geschichte wird überall als Beispiel zitiert, weil sie einfach genial konstruiert ist. Sie enthält alle Elemente eines spannenden Plots:
Zu verkaufen. Das ist ein Einstieg, der uns neugierig macht. Babyschuhe. Wie süüüß, da geht uns das Herz auf. Nie getragen. Zack, da kommt die überraschende Wende.
Bei den meisten von uns läuft jetzt eine tragische Geschichte vor dem inneren Auge ab. (Ich habe sogar irgendwo mal gesehen, dass diese Geschichte mit einer Triggerwarnung versehen war.) Aber warum denken wir eigentlich automatisch an eine Tragödie? An keiner Stelle steht etwas von einem verstorbenen Baby! Es könnte auch einfach sein, dass die Schuhe nicht gepasst haben …
Wähle die richtigen Wörter aus
Das ist es, was eine gute Six Word Story ausmacht: Sie umreißt mit wenigen Worten ein Szenario, und der passende Film dazu spielt sich in unseren Köpfen ab. Diese Geschichten klingen oft noch lange nach. Entscheidend ist dabei, die richtigen sechs Wörter auszuwählen und sie kunstvoll aneinanderzureihen. Wer gern tüftelt und mit Sprache spielt, kann sich mit diesem Genre austoben. Mit Six Word Stories üben wir uns gleichzeitig in der Kunst des Storytelling.
Doch auch wenn du ansonsten lieber Romane oder Businesstexte schreibst, kann es sich lohnen, Kürzestgeschichten einmal eine Chance zu geben! Wenn du dich auf sechs Wörter beschränkst, fokussierst du dich auf das, was wirklich wichtig ist. Die meisten Texte werden stärker, wenn wir ihren Kern herausarbeiten und lernen, die richtigen Dinge wegzulassen.
Lass deinen Ideen freien Lauf, schreibe eine „Kleinanzeige“ im Stil von Hemingway, einen Sechswortkrimi oder etwas Lustiges. Und wenn du eine spezielle Herausforderung suchst, dann nimm dir diesen berühmten Impuls vor:
„Mein Leben in sechs Wörtern.“
Larry Smith hat damit auf SixWordMemoirs.com eine ganze „Bewegung“ ausgelöst und auch Prominente gebeten, mitzumachen. Die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright schrieb dazu: In 1948, I was a refugee.
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Ein Leben in sechs Wörtern zusammenzufassen: Ich finde, das ist einer dieser Schreibimpulse, die nie langweilig werden. Man kann immer wieder etwas Neues dazu schreiben. Wenn dir der Impuls für den Anfang zu „groß“ erscheint, nimm dir verschiedene Abschnitte oder Facetten deines Lebens vor: Was hast du gelernt oder studiert? Was machst du gern? Was zeichnet deine Persönlichkeit aus? Der Impuls eignet sich auch dafür, um grundsätzlich über dich und dein Leben zu nachzudenken.
Schreibe deine Six Word Story in drei Schritten
Nun musst du dein Leben natürlich nicht sofort in nur sechs Wörtern auf den Punkt bringen. Gerade bei kurzen Textsorten bietet es sich an, erst einmal mehr zu schreiben, und dann in drei Schritten das Wesentliche herauszuarbeiten:
- Sammele im ersten Schritt ein paar Ideen über dich und dein Leben. Dazu könntest du als Fließtext oder als Liste einige Charaktereigenschaften, Hobbies, Erfahrungen oder Emotionen notieren. Stell dir den Timer auf zwei Minuten und schreibe einfach drauflos.
- Schau dir an, was du geschrieben hast: Welche Punkte springen dir besonders ins Auge? Nimm sie als Impuls für eine zweite Schreibssession. Stell dir den Timer auf zwei Minuten und schreibe wieder drauflos. Auch jetzt geht es noch nicht um die Länge (oder Kürze). Das Ziel dieser Vorübung ist, dass sie dir mehr Klarheit bringt: Vertraue darauf, dass sich beim Schreiben allmählich herauskristallisieren wird, was dir wichtig ist.
- Im letzten Schritt versuchst du, diese Essenz in sechs Wörtern auf den Punkt zu bringen. Spiele mit verschiedenen Varianten und Formulierungen.
Beschränke dich aufs Wesentliche
Vielleicht kommt dabei ja eine passende 6-Wort-Geschichte raus, mit der du dich zukünftig auf deiner Website oder deinem Social Media-Profil vorstellen kannst. (Wenn du etwas geübter bist, kannst du natürlich auch versuchen, die Vorübung wegzulassen und direkt eine Six Word Story zu schreiben.)
Und wenn du gerade an einem Roman schreibst: Fasse doch mal das Leben deiner Hauptfigur in sechs Wörtern zusammen!
Jetzt bist du auf den Geschmack gekommen und fragst dich, wofür du Six Word Stories sonst noch nutzen kannst?
Du könntest damit zum Beispiel ein Film-, Lese- oder Reisetagebuch führen. Auch die Logline für dein Buch könntest du auf diese Weise entwickeln. Oder versuch mal, einen Elevator Pitch für dein Business in sechs Wörtern zu schreiben. (Übrigens: Für all das sind auch Haiku-Gedichte gut geeignet …)
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