Je besser du die wichtigsten Figuren aus deiner Geschichte kennst, desto lebendiger wirken sie auf dem Papier. Im dritten Teil dieser Blogserie zur Figurenentwicklung findest du kreative Impulse, die dir helfen, dich deinen fiktiven Charakteren neu zu nähern. (Hier geht’s zu Teil I und Teil II).
Der Clou ist, dass du schreibend herausfindest, wie deine Figuren ticken – das macht mehr Spaß und ist zielführender, als wenn du nur dasitzt und grübelst. Schau dir die zehn Impulse an und wähle einen davon aus. Stell den Timer auf acht Minuten und schreibe einfach drauflos. Manchmal bietet es sich an, dabei in den Kopf der Figur zu schlüpfen und sie erzählen zu lassen!
Vermutlich entdeckst du dabei Seiten an ihr, die du noch nicht kanntest. Übrigens: Keiner dieser Texte „muss“ nachher einen Platz in deiner Geschichte finden. Der Zweck ist, dass du deine Figuren besser kennenlernst – und diese Tiefe werden wir beim Lesen spüren.
1. Leere ihre Taschen
Glücksbringer. Pfefferminzbonbons. Notfallpflaster. Faszinierend, was die Leute so alles in ihren Handtaschen, Hosentaschen oder Rucksäcken herumschleppen. Hast du eigentlich schon mal deiner Hauptfigur in die Tasche geschaut? Schreib eine Liste, was sich da so alles angesammelt hat. Was verbindet sie mit diesen Dingen? Auch die Tasche selbst kann aufschlussreich sein: Nutzt sie einen alten Rucksack oder muss es eine (echte oder gefälschte) Designertasche sein?
2. Schick sie zum Einkaufen
Wo geht deine Figur eigentlich einkaufen? Auf dem Wochenmarkt, im Feinkostladen oder beim Discounter? Klebt sie an der Kasse noch schnell Rabattmarken auf die teuersten Artikel? Quillt ihr Einkaufswagen über vor Hundefutter und Katzenstreu – oder hat sie in der Hand nur Dosengulasch und Toastbrot? Macht sie Spontankäufe oder schreibt sie vorher eine Liste?
3. Lass sie Listen anlegen
Wo wir gerade bei „Listen“ sind: Lass deine Hauptfigur mal eine schreiben! Welche „To-Dos“ muss sie diese Woche erledigen? Schreibt sie eine Packliste für eine Reise oder einen Umzug? Vielleicht legt sie sich eine Playlist mit Songs an, mit denen sie etwas verbindet. Oder sie verfasst eine „Bucket-List“ mit Dingen, die sie in diesem Leben noch erleben möchte!
4. Schau in verborgene Ecken
Türmen sich unter dem Bett deiner Hauptfigur die Wollmäuse? Liegt irgendwo noch ein leerer Pizzakarton oder die Unterhose vom Ex? Was hat sie so alles in den Keller oder auf den Dachboden geräumt? Und was findest du in der hintersten Ecke ihrer Gefriertruhe oder ihres Kleiderschranks? Vielleicht ist es auch überall verdächtig aufgeräumt und blitzblank geputzt …
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5. Schmökere in Briefen, Nachrichten, Tagebüchern …
Verfasse Tagebucheinträge aus Sicht deiner Figur: Sind das pubertäre Ergüsse zum Fremdschämen oder etwas, das sie erst gestern geschrieben hat. Finde ein Bündel mit (Liebes)-Briefen, die sie bekommen hat: Von wem stammen sie und was steht darin? Wem hat deine Figur zuletzt geschrieben – vielleicht eine SMS oder E-Mail, um sich für etwas zu bedanken oder zu entschuldigen? Fiel es ihr schwer, die richtigen Worte zu finden? Vielleicht gab es ja einen Konflikt oder einen Streit …
6. … dem Poesiealbum oder der Abizeitung
Du möchtest nicht in ihrem Tagebuch oder alten Briefen schnüffeln? Vielleicht hatte sie ja ein Poesiealbum oder Freundschaftsbuch: Was steht darin, ist es fast leer oder gut gefüllt, lieblos oder liebevoll gestaltet? Auch Jahrbücher oder Abizeitungen verraten so einiges über ihren (damaligen) sozialen Status und ihre Beziehungen.
7. Folge ihr auf Social Media
Wie stellt sich deine Figur auf Social Media dar? Ungeschminkt oder geschönt, mit witzigen Memes oder schlauen Sprüchen? Was ist ihre liebste Plattform? Ist sie eher der Tiktok-Typ, twittert sie noch oder pflegt sie ein uraltes Facebook-Profil? Wie viele Follower hat sie – und ist ihr das überhaupt wichtig? Lass sie doch mal ein paar Posts schreiben oder deinen Account übernehmen! (Natürlich geht das auch einfach in einem Textdokument.)
8. Schalte eine Kontaktanzeige
Hat sie schon mal versucht, online jemanden kennenzulernen? Lege für sie ein Datingprofil auf einer Plattform wie Tinder oder Parship an (auch das geht in einem Textdokument, du musst sie nicht tatsächlich registrieren). Wie präsentiert sie sich dort: Schonungslos ehrlich oder von der Schokoladenseite? Was für einen Menschen sucht sie – und wer antwortet ihr? Vielleicht versucht sie ihr Glück auch ganz altmodisch mit einer Kontaktanzeige in der Zeitung …
9. Kenne ihr Sternzeichen und Horoskop
Wann hat deine Figur Geburtstag und welches (westliche oder chinesische) Sternzeichen ist sie? Was charakterisiert (angeblich) diejenigen, die in diesem Zeichen geboren sind? Passt das zu ihrem Wesen? Wie zeigt sich das in ihrem Verhalten oder in Dialogen? Was ist mit ihrem Aszendenten? Du könntest auch ihr heutiges Horoskop lesen: Was steht darin – und wird es sich bewahrheiten? Natürlich kannst du auch selbst ein Horoskop für sie verfassen!
10. Wie wär’s mit einem Persönlichkeitstest?
Zum Schluss noch ein Tool, bei dem du nicht schreibst, sondern dich tief in die Figur einfühlst: Fülle online einen (kostenlosen) Persönlichkeitstest für sie aus, zum Beispiel den Big Five-Test (open source), bei dem es um die Eigenschaften Offenheit, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit, Extraversion und Verträglichkeit geht.
Viele Teilnehmende nutzen meine Schreibsalons oder Schreiburlaube dazu, ihre Figuren weiterzuentwickeln oder Stoff für neue Geschichten zu finden. Mit Gateless Writing gelingt es ihnen mühelos, in das Leben fiktiver Charaktere einzutauchen. In jeder Schreibeinheit dürfen ihre Figuren weiter wachsen und erwachen allmählich zum Leben …