In den letzten Wochen habe ich ständig Jubelmeldungen gelesen, dass uns Chat GPT künftig das Bloggen massiv erleichtern wird. Also habe ich mir diese künstliche Intelligenz, die Texte für uns schreibt, jetzt auch mal angeschaut. Zumal ich bei dem aktuellen Hype befürchte, dass dieses Tool nicht mehr lange kostenlos bleiben wird.
Eins vorab für alle, die sich ernsthafter mit diesem Thema befassen möchten: Es gibt zahlreiche Anleitungen dazu, wie man mit Tools wie Chat GPT arbeiten sollte, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Natürlich sollte man dafür nicht nur ein paar Eckdaten eingeben: Um qualitativ akzeptable Texte auszugeben, braucht die KI detailliertere Vorgaben.
Wenn man ein paar Hinweise beachtet, kann die KI tatsächlich brauchbare Gliederungen, Textbausteine oder Content-Ideen liefern. Sie kann helfen, fachliche Texte zu produzieren und dabei Zeit zu sparen, und deckt damit sicher einen Bedarf. Unabhängig davon ist es eine spannende und witzige Sache, mal mit einer künstlichen Intelligenz außerhalb der üblichen Support-Bots zu chatten.
Warum sollte ich meinen kreativen Prozess abgeben?
Ich frage mich allerdings: Wozu brauche ich ein solches Tool als Bloggerin? Immerhin schreibe ich wirklich gern. Ich finde, dass mein Blog nicht nur dazu dienen sollte, meine Website mit suchmaschinenrelevantem Content anzureichern. Sondern ich habe Freude daran, Themen zu finden und im Blog Interviews, Tipps oder Schreibimpulse zu teilen. Warum sollte ich auch nur einen Schritt meines kreativen Prozesses an eine Maschine abgeben (wollen)?
Doch ich möchte ja nicht altmodisch sein! Also habe ich mir Chat GPT zumindest mal angeschaut und freundlich mit ihm über Schreiben und Kreativität geplaudert. Begonnen habe ich mit der Frage, was „kreatives Schreiben“ ist. Das bringt er gut auf den Punkt:
„Kreatives Schreiben ist eine wertvolle Kunst, die es ermöglicht, unsere Gedanken und Gefühle auf Papier zu bringen. Es hilft uns, unsere Kreativität auszudrücken und unsere Ideen zu teilen. Allerdings kann es manchmal schwierig sein, den Schreibfluss in Gang zu halten und Schreibblockaden zu überwinden.“
Eine miese Ballade …
Ich bitte ihn, kreativ zu sein und für mich eine Ballade im Stil von Schiller übers Schreiben zu verfassen. Chat GPT legt sofort los:
Es schreibt der Dichter, tief versunken
In seine Welt aus Worten, Sätzen, Zeilen
Ein Bild erschaffend, das die Seele berührt
Ein Meisterwerk, das die Welt verführt
Es schreibt der Dichter, wenn die Nacht ihn ruft
Die Feder fliegt über das Papier, es schläft der Tag
Es schreibt der Dichter, bis die Sonne aufgeht
Ein Werk vollendet, das die Seele befreit
Es schreibt der Dichter, in der Stille der Nacht
Ein Bild erschaffend, das die Welt erhellt
Ein Meisterwerk, das die Seele berührt
Es schreibt der Dichter, der seine Kunst beherrscht.
Ui, da fliegt die Feder übers Papier. Phrase reiht sich an Phrase, Klischee an Klischee. Meisterwerke und Bilder werden erschaffen, sogar die Seele ist vertreten, und das alles gleich mehrfach. Mit dem Reimschema und Metrum hat er es auch nicht so. Ich bin sicher, da haben Maschinen schon bessere Gedichte hervorgebracht. Jetzt könnte ich mit Chat GPT gemeinsam daran feilen. Aber ich bitte ihn lieber gleich um eine weitere Kostprobe.
… und ein hübsches Haiku
Das Haiku, das er für mich zum Thema „Regen“ verfasst, finde ich tatsächlich recht hübsch. Hier nimmt sich Chat GPT gar die künstlerische Freiheit, die 5-7-5 Silbenvorgabe nicht ganz zu beachten.
Regen trommelt aufs Dach,
Mondlicht tanzt auf den Pfützen,
Nässe erfrischt mich.
Als ich dieses Haiku auf Social Media teile, stellt jemand die berechtigte Frage: „Wer ist dieses Ich?“
Bingo. Es gibt da eben kein „Ich“. Chat GPT weiß gar nicht, wie es sich anfühlt, wenn Nässe uns erfrischt. Er sah nie das Mondlicht und lag nie wach, weil der Regen laut aufs Dach trommelte. Das wirft spannende Fragen auf: Was macht es aus einem literarischen Text, wenn sein Verfasser gar keine Gefühle haben kann? Und was macht dieses Wissen mit uns Lesenden?
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Ich frage Chat GPT: „Bist du kreativ?“ (Natürlich kenne ich die Antwort schon.) Er beschreibt das folgendermaßen:
„Als künstlicher Intelligenz-Sprachassistent bin ich in der Lage, Informationen auszuwerten und Antworten auf Fragen zu generieren, aber ich bin nicht kreativ im menschlichen Sinne. Kreativität ist die Fähigkeit, neue und originelle Ideen zu entwickeln und Dinge auf innovative Weise zu betrachten. Diese Fähigkeit ist eine der besonderen Stärken von Menschen und setzt die Fähigkeit zu Emotionen und Selbstausdruck voraus, die ich als künstliche Intelligenz nicht besitze.“
Na, wenigstens ist er ehrlich!
Selbstausdruck und Emotionen sind essenziell
Der Selbstausdruck, der einer künstlichen Intelligenz fehlt: Darum geht es beim Schreiben! Egal, ob bei einem Blogbeitrag oder einer Kurzgeschichte: Wir möchten zu Papier bringen, was wir denken. Wir möchten mitteilen, was wir zu sagen haben. Wir möchten die Worte und Formulierungen wählen, die uns gefallen. Denn als Menschen sind wir nun einmal gern kreativ.
Als Schreibende möchten wir die Emotionen, die wir empfinden, mit anderen teilen. Kann ein Text einer Maschine, die selbst keine Gefühle kennt, uns beim Lesen genauso berühren, wie der eines Menschen? Wollen wir überhaupt Liebesromane lesen, ausgespuckt von einer Maschine, die selbst nicht lieben kann?
Vielleicht wird der Einsatz von künstlicher Intelligenz in allen Bereichen irgendwann so normal für uns sein, dass wir uns solche Fragen gar nicht mehr stellen. Vielleicht wird es uns dann tatsächlich nicht stören, literarische Texte zu lesen, die nicht von Menschen verfasst wurden.
Ich bin jedoch sicher, dass wir Menschen trotzdem nicht aufhören werden zu schreiben: Wir werden immer nach Möglichkeiten suchen, uns auszudrücken und unsere Emotionen zu teilen. Und es wird andere Menschen geben, die genau solche echten, authentischen Texte lesen möchten.
KI-Texte in meinem Blog? Nein, danke.
Was denke ich nun über Chat GPT? Sagen wir es mal so: Wenn ich eine Anleitung verfassen müsste, wie man einen Schrank zusammenbaut, könnte ich mir vorstellen, ihn einzusetzen. Für alles andere lehne ich seine Hilfe dankend ab. Kreative Schreibtipps, verfasst von einer KI, die selbst nicht kreativ ist? Die werdet ihr in meinem Blog auch in Zukunft nicht lesen!
Ich möchte keine KI-Texte nachträglich in eine lesbare Form bringen. Ich möchte meine Blogbeiträge nicht von einer Maschine gliedern lassen, und sie muss mir keine Schreibideen liefern. Nein: Ich möchte mir das Schreiben nicht abnehmen oder erleichtern lassen. Freies Schreiben. Nachdenken. Formulieren. Verwerfen. Tüfteln. Kürzen. Das alles ist nicht immer leicht. Aber das, was dabei am Ende herauskommt, ist: Mein Text.
Es geht doch um die Freude daran, Ideen zu entwickeln und sie (selbst!) niederzuschreiben. Es geht um die Zufriedenheit darüber, einen Text fertiggestellt zu haben. Und um das Glücksgefühl, das man empfindet, wenn man gelesen wird. Mein kleiner Einblick in Chat GPT hat mir bestätigt, dass ich nichts davon an eine künstliche Intelligenz abgeben möchte. Wie „gut“ sie ist und wie viel Zeit ich mit ihr sparen könnte, spielt für mich dabei keine Rolle.
Ein kluges Zitat
Ironischerweise hat mir Chat GPT zum Schluss unseres Dialogs noch etwas wirklich Schönes geschenkt. Nämlich ein Zitat übers Schreiben, von ihm selbst erdacht:
„Schreiben ist wie ein Spiegel der Seele. Es zeigt uns, wer wir sind und was wir fühlen, und gibt uns die Möglichkeit, uns selbst und die Welt um uns herum zu verstehen.“